Der nächste Tag, es ist Donnerstag, der 21. Juni 2012, beginnt entspannt um 8:00 Uhr mit einem guten Frühstück. Ein Frühstück, das im Vergleich zu den beiden letzten wirklich außergewöhnlich gut ist. Wir sehen uns noch einige Bilder an und erweitern die Manöverkritik, während sich einige auf den Weg machen, ein neues Hotel für die letzte gemeinsame Nacht zu suchen, denn das „Parkway Inn“ hat nicht mehr ausreichend Zimmer für diejenigen, die noch bleiben wollen.
Um 11:00 Uhr machen wir uns auf den Weg zum „Outfitter“, einem Klamottenladen, der überwiegend Jeans und anderen Westernbedarf im Angebot hat. Jeans sind bei den Damen sehr beliebt, da sie gut sitzen und deutlich günstiger sind als zu Hause. Aber der Laden führt auch Hüte, Stiefel, Blusen, Hemden, Jacken, Krimskrams und vor allem: Gürtel. Eigentlich ist das hier gar nicht so mein Laden, weil nicht meine Fraktion (Dressurklamotten gibt es hier nicht), aber bei den Bling-Bling-Gürteln erwacht schließlich doch der genetisch festgelegte Kaufzwang. Die Verkäuferin springt mal diesem zur Hilfe, mal jenem und ist immer mit dabei, wenn wir Witze reißen. Mir ist irgendwann fast unheimlich, dass sie immer dann lacht, wenn der richtige Zeitpunkt dafür ist. Gut, die Amis lachen immer irgendwie aus Höflichkeit mit, aber bei der Verkäuferin hab ich zunehmend mehr den Eindruck, dass es nicht nur das ist. Als ich mir nicht ganz sicher bin, ob der Gürtel passt – ich bin nämlich zu faul, ihn richtig durch die Schlaufen meiner Jeans zu ziehen – frage ich Sascha, ob sie nicht mal nachsehen kann. Die erwähnte Verkäuferin steht zu diesem Zeitpunkt hinter mir, kommt aber um mich herum, nimmt mir den Gürtel aus der Hand, fädelt ihn geschickt in die Schlaufen ein, schließt ihn, reißt entzückt die Arme hoch und sagt: „It’s great! Isn’t it?“ Kann nicht, oder? Ich kneife ein wenig die Augen zusammen und sage: „Sie verstehen mich doch, oder?“ Jo, tut sie! Sie erzählt mir, dass sie vor längerer Zeit für einige Wochen in Deutschland war und die Sprache zwar gut versteht, doch selber nur sehr schlecht spricht. Sie geniert sich auch ein wenig, Deutsch zu sprechen, weil sie die Aussprache nicht für gut genug befindet. Prima!! DAS ist doch genau MEINE Verkäuferin! Von da an verstehen wir uns prächtig: ich auf Deutsch, sie auf Amerikanisch. Besser geht nicht!
Direkt neben dem Outfitter ist ein Computerladen, in dem Sabrina eine externe Festplatte ersteht. Dann geht es weiter zum Sattler, bei dem Sascha vor der gemeinsamen Reise ein paar neue Chaps in Auftrag gegeben hat. So was hab ich noch nicht gesehen: reihenweise Westernsättel, einer schöner und reicher verziert als der vorangegangene. Trensen, Zügel, Ropes, Sattelplaids, Gebisse, Hüte und was weiß ich noch alles in rauhen Mengen. Wie gesagt: Es ist nicht meine Fraktion, aber schickes Lederzeug ist immer eine Versuchung wert, egal für welche Reitsportrichtung. Ich habe nur das iFön dabei – das muss es tun: Die ersten Bilder von diesem irren Laden treten via Facebook oder Whatsapp die Reise in die Heimat an.
Ich würd ja was mitbringen, aber die fehlenden Größeninformationen lassen mich dann doch Abstand davon nehmen. Der Sattler bekommt mit, dass wir zwecks Mittagessen ins goldene M wollen, rät uns aber davon ab. Einige Meilen die Straße hinunter sei ein Burgerrestaurant, das nicht nur anständige Preise habe, sondern auch anständige Qualität und Portionen. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Der Sattler hat Recht: die Burger sind der Knaller! Die Preise angemessen. Und: „The Bird“ gehört zwei New Yorkern, die 2006 das erste Restaurant in Berlin eröffneten. Das mit so viel Erfolg, dass sie ein weiteres 2010 in Jackson eröffneten, und mittlerweile ein drittes in Hamburg. Vielleicht findet ja das Revival-Treffen 2013 in Hamburg oder Berlin statt?!
Zurück im Hotel angekommen, müssen wir uns von Manuela verabschieden: Sie wird von dem Besitzer der Ranch abgeholt, auf der sie noch eine Woche Reiterurlaub gebucht hat. Sabrina hat ein Zimmer im „Painted Buffao Inn“ für uns beide bekommen. Wir bringen all das Gepäck dorthin, ich fahre Sascha zum Flughafen, wo sie ihr neues Auto in Empfang nimmt, denn sie hat noch eine Tour geplant, bei der sie alte Freunde besuchen möchte. Wenn sie ihr heutiges Etappenziel erreichen will, muss sie sich jetzt sputen. Gabriele will sich derweil einmal durch meine Bilder zappen, weil sie hofft, dass ich mit der 200er Brennweite einige Landschaftsaufnahmen habe machen können, die ihr mit der 300er nicht möglich waren. Nachdem ich Sascha abgesetzt habe, mache ich mich auf den Weg, mein Versprechen der Stieftochter gegenüber einzulösen, der ich Converse Chucks versprochen habe. Ich folge der Beschreibung meiner Verkäuferin aus dem Outfitter und suche das einzige Sportgeschäft Jackson Holes auf. Die haben genau drei Modelle Chucks, leider aber nicht im Entferntesten das, was die Stieftochter haben wollte. Und jeder weiß, dass man bei Teenagern nichts anschleppen muss, was nicht genau das ist, was gewünscht wird. Am Abend verabschieden wir dann auch Gabriele, die noch eine Woche auf Bitterroot verbringen wird, und gehen zu fünft noch in die Stadt. Wir durchsuchen noch etliche Schuhgeschäfte, aber ich scheitere kläglich: keine Chucks, in ganz Jackson Hole nicht! Pah! Und das, wo ich doch nach einer amerikanischen Marke suche! Zu Erinnerungszwecken werden noch einige Fotos von der Stadt gemacht und wir stellen fest, dass die Tore des Parks von Jackson Hole genau solche sind, wie sie einen am Flughafen empfangen: nur aus abgestoßenen Geweihen zusammengesteckt. Aber bei all den Tieren, die es hier geben muss, ist es sicher keine Seltenheit, dass man hier und da eines bei einer Wanderung findet. Und wenn man nur lange genug sucht und sammelt, ist es sicher keine ganz so große Kunst, bald solche Tore zusammen stecken zu können. Zumindest überraschen mich diese Tore heute nicht mehr so doll wie noch vor einer Woche. Wir gönnen uns ein Eis und kehren, als es dunkel geworden ist, noch einmal in die „Wort Bar“ ein. Wir lachen viel und lassen die letzte Woche noch einmal Revue passieren bis wir wieder zum Hotel zurückkehren, denn wenigstens für mich ist die kommende Nacht schon wieder vor dem Aufstehen vorbei.
Der Silberling wird noch damit beschäftigt, Sabrinas Bilder auf die neue Festplatte zu spielen, während wir beiden Mädels noch ein wenig schwatzen. Irgendwann aber fallen mir die Augen einfach zu. Erkenntnis des Tages: Deutsch ist doch eine Weltsprache. Und wenn nicht, dann muss man sie halt einfach dazu machen!
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