18. Juni 2012 – Fünfter Tag

Der Montag, es ist der 18. Juni 2012, beginnt wieder entspannt. Erst um 8:30 Uhr werden wir von Ken abgeholt, der bei einem Unternehmen arbeitet, das die Berechtigung besitzt, sich auch abseits der Wege im Mustang-Reservat zu bewegen. Ken, mit einer knielangen Hose und T-Shirt bekleidet, ist ein lässiger Typ in den höheren 50ern. Im Kleinbus sitzen bereits Mutter und Tochter – ein zweiter Bus wird von Kens Kollegen gefahren. Er biegt vom Hotelparkplatz nach links ab und verfolgt die Straße, die auch wir am Vorabend genommen haben. Allerdings nimmt er gleich den richtigen Abzweig, da er sich hier genauso gut auskennt wie in seiner Westentasche. Während der Fahrt erzählt er etwas über die Pferde und die Entstehung des Reservates, was ich aber nicht in allen Teilen verstehe. Eines meiner Probleme ist das Autogeräusch, das der nicht mehr ganz neue Bus verursacht, ein weiteres sein breiter Slang mit den vielen rollenden „R“s und ein drittes die Geschwindigkeit, in der er erzählt. Nichts gegen Ken, aber ich bin an der Stelle komplett überfordert. Diejenigen, die ganz hinten im Bus sitzen, werden von Maike mit Infos versorgt, die aber auch nicht alles versteht, was Ken an Wissenswertem zum Besten gibt. Es scheint so zu sein, –und das nicht nur in diesem Reservat – dass man mit der wachsenden Population der Mustangs ein Problem hat, da ihnen in diesen geschützten Räumen der natürliche Feind fehlt. Hier in Cody begegnet man diesem Problem damit, die Pferde zu spritzen, ihnen quasi die „Pille“ geben, damit sie nur alle paar Jahre Fohlen bekommen. Um aber jedem Jahrgang ein paar Fohlen zu geben, sind die Pferde entsprechend gekennzeichnet, damit die Ranger wissen, welches wann gespritzt wurde. Wie diese Kennzeichnung aussieht, habe ich nicht verstanden. Ken fährt zielstrebig auf eine Stelle an der Straße zu, die wir auch gestern schon passiert haben. Als wir die Pferde etwas abseits entdeckt haben, verlässt er die Piste, wir dürfen aussteigen und uns den Pferden etwas nähern. 

    Außerdem stehen in unmittelbarer Nähe wieder einige Gabelböcke herum  – gemeinsam lebt es sich vermutlich besser! Ebenso wie bei der Gruppe gestern sind hier alle Farben vertreten, und die Tiere tragen Narben, aber ich würde nicht beschwören wollen, dass es auch wirklich dieselbe Gruppe ist. Kaum aber, dass wir ein paar Fotos geschossen haben, drehen uns die Tiere den Rücken zu und marschieren los.       Ken scheint das weniger zu erstaunen, wir steigen wieder in die Autos ein und er fährt den Weg zurück, den wir gekommen sind. Etwa an der Stelle, an der Gabriele am Vorabend die Piste verlassen hat, verlässt auch Ken jetzt den Weg, folgt aber erheblich weiter den Reifenspuren als wir es getan haben. Nach einer langgezogenen Linkskurve und etwas den Hang hinab können wir ein fast ausgetrocknetes Wasserloch erkennen. Außer uns Menschen ist jedoch niemand dort. Ken aber ist ganz entspannt, spricht mit den anderen Touristen, macht Scherze und beruhigt auf Nachfrage: „Die kommen schon. Sie kommen immer!“ „Wenn sie wirklich kommen,“ sage ich zu Sabrina, „dann könnten das lustige Fotos werden, wenn sie sich um die Pfütze Wasser kloppen.“ Es vergehen nur wenige Minuten, da kommen sie tatsächlich. Schön einer nach dem anderen, in Ausnahmefällen auch mal zu zweit nebeneinander, kommen sie über die Kuppe getrabt, direkt auf uns zu. Ich freu mich schon auf die Bilder am Wasser; allerdings deutlich zu früh, denn wenige Meter vor den Autos biegen sie, ohne das Tempo zu verringern, nach rechts ab und traben an uns vorbei. Shit! Das wären Motive gewesen.       

 

Ken ist aber immer noch die Ruhe selber. Er schaut den Pferden hinterher, und ich fotografiere, denn ich hab ja keine Ahnung, ob wir sie je wiedersehen werden oder nicht. Und in dem Fall besser Wildpferde von hinten als gar keine! Dabei erwische ich zumindest noch eine kleine Rangelei. Wir steigen wieder in die Autos ein und fahren zurück zur Piste. Zu keiner Zeit kann ich bei Ken ein Zögern erkennen – er scheint immer zu wissen, wohin die Pferde als nächstes gehen. Einige hundert Meter vor der Stelle, an der wir am Abend zuvor die ersten Tiere entdeckt haben, hält er an und wartet: einige Minuten später kommen sie von links angetrabt, passieren den Zaun, der dort steht, und queren die Straße. Dazu hat sich eines der führenden Pferde an der Piste postiert wie ein Schülerlotse – erst als die ganze Herde auf der anderen Seite angekommen ist, setzt auch dieses sich wieder in Bewegung. Wir fahren weiter und können die Tiere noch eine ganze Weile lang sehen wie sie einfach direkt geradeaus in die Prärie laufen. 

  Gabriele hat mir ihr großes Objektiv, die 300er Festbrennweite, mitgegeben, aber selbst mit dem Ding ist die Herde irgendwann nur noch eine Staubfahne vor einer unglaublich schönen Kulisse, die sich aus allen Naturtönen zusammensetzt, die die gesammelte Farbpalette zu bieten hat. Ken bittet uns, die Fenster zu schließen.       

 

Wir verlieren die Pferde aus den Augen, und kurz später biegt er nach rechts ab auf einen Weg, der nur aus Reifenspuren besteht. Befestigt ist hier nichts. Wir folgen einigen Biegungen, überfahren einen Hügel, der uns die Sicht auf das Geschehen dahinter versperrt, und kommen an eine ebene Fläche; kaum zu erkennen, aber da: Die geteerte Straße und der Zaun in der Ferne. Ken hält an und verlässt das Auto. Was der hier wohl will? Hier ist nischt, überhaupt gar nischt! Noch nicht mal ein bisschen trockenes Gras. Als alle ausgestiegen und die Autos geschlossen sind, besteigt er den nächsten Hügel. Als ich diesen Hügel erklommen habe, – das Sch…-Objektiv ist ganz schön schwer – bereue ich sofort alle Zweifel, die ich an Ken hatte: Ich habe einen prächtigen Blick auf ein noch immer gut gefülltes Wasserloch! Noch als ich damit beschäftigt bin, mich innerlich bei Ken zu entschuldigen, kommen die beiden ersten Pferde der Herde zügig zum Wasserloch getrabt, stellen sich in den aufgeweichten Bereich direkt an der Wasserkante und saufen.

  Der Rest der Herde folgt, und jeder sucht sich einen Platz. Grundsätzlich wäre der Uferbereich groß genug, um jedem einzelnen Pferd Platz zu bieten, jedoch sind manche Böschungen zu steil, um daran zu stehen und zu saufen.      An der Stelle kommt die Mustang-Polizei ins Spiel, die für Recht und Ordnung sorgt: Als erstes einmal müssen die beiden voreiligen Rotznasen weichen, die sich zuerst auf’s Wasser gestürzt haben. Dann dürfen nach und nach alle saufen – immer schön der Reihenfolge nach. Dabei muss die Polizei das ein oder andere Mal eingreifen und die verjagen, die noch nicht dran zu sein scheinen. Macht sich logischerweise ziemlich gut auf den Fotos. Der einzige Schecke, einer der ersten beiden, scheint dabei außerdem einigermaßen beratungsresistent zu sein, denn ein dunkler Polizist nimmt ihn sich, ganz in unserer Nähe, noch einmal ordentlich zur Brust. An der Stelle bin ich dann manchmal näher dran als gewünscht, aber ich traue mich einfach nicht, das Objektiv zu wechseln. Es ist wie es immer ist: Wie man es macht macht man es verkehrt!        Wir schießen Foto um Foto und können dabei wunderbar einige Systematiken des Herdenlebens verfolgen bis sich die ersten wieder auf den Weg zu den Weidegründen machen wollen. Auch hier sind unsere beiden Freunde wieder vorneweg, die zuerst am Wasserloch ankamen. Den Durst gestillt, treten sie im zügigen Trab den Rückweg an, während andere gerade erst an die Wasserstelle dürfen. Das missfällt dem Polizisten, der die Verfolgung aufnimmt, den Flüchtenden den Weg abschneidet und diese mit angelegten Ohren zurück zur Herde scheucht. Sogar als die beiden Flüchtlinge schon wieder in mitten der Herde angekommen sind, rennt der Polizist weiterhin mit angelegten Ohren und gebleckten Zähnen hinter diesen her, als wenn er sagen wollte: „Wenn ich euch nochmal erwische….!!“ Ich kann mich gar nicht satt sehen!    Aber irgendwann treten alle Tiere den Rückweg an, und als wir noch nicht mal mehr entfernte Flecken am Horizont erkennen können, müssen auch wir wieder in die Autos steigen, und Ken bringt uns zurück zum Hotel.

 

Pünktlich um 11:00 Uhr setzt Ken uns auf dem Hotelparkplatz ab, wir packen unsere Koffer und dann die Autos. Um 12:00 Uhr sind wir mit Magda Dysli und deren Lebensverschönerer Stefan Baumgartner im „Irmas“ verabredet. Das Irma Hotel ist ein historisches Haus, welches auch ein Restaurant mit der alten Cody-Bar besitzt, und das das hierher umgesetzte Geburtshaus von Buffalo Bill ist. Wir sind begeistert von den alten Kronleuchtern an der Decke, 

  dem riesigen Spiegel hinter der Bar und natürlich von der reich verzierten hölzernen Bar selbst und machen einige Fotos davon bis unser Essen kommt. Der kleine Schwatz mit Magda und Stefan ist kurzweilig, und schon müssen wir uns wieder voneinander verabschieden. Da immer noch nicht alle Mitbringsel gefunden sind und auch etliches an Westernausrüstung bei den anderen fehlt, machen wir erst noch einmal die Einkaufsstraße der Stadt unsicher,    bevor wir uns wieder im Coffeeshop treffen.      Die nächsten Tage werden wir uns ausschließlich im Yellowstone Park aufhalten, und wir wissen nicht so genau, was uns dort erwartet, also trinken wir alle noch schnell einen großen, anständigen Kaffee und wählen uns ins shopeigene WiFi ein, bevor wir uns gegen 15:00 Uhr auf den Weg in den Park machen.

 

 Im Grunde treibt uns heute nichts oder niemand mehr, weshalb wir uns Zeit lassen können. Wir halten kurz am Buffalo-Bill-Reservoir, das kurz hinter Cody beginnt,   machen dort ein paar Bilder und fahren weiter. Wir halten an ein paar Stromschnellen mit roten Felsen im Hintergrund     und später auch für eine kleine Pause an der Jagdhütte von Buffalo Bill und, Überraschung: entern den Giftshop!

 

Es ist fast 17:00 Uhr, als wir die 95 Meilen bis zum Ost-Eingang des Yellowstone Parks geschafft haben.

  Die Dame, die uns die Eintrittskarte –hier wird pro Auto abgerechnet- verkauft, ist besonders nett. Außerdem meinen meine Damen im Auto, dass sie sehr viel Ähnlichkeit mit einer Figur aus einem Zeichentrickfilm hat (man vermutet irgend etwas mit A-Hörnchen und B-Hörnchen, ist sich aber nicht sicher), was zu Gelächter führt.     Diesem Gelächter kann sie zwar nicht folgen (ist vermutlich auch besser so), hat aber Höllenspaß an uns. Soviel Spaß sogar, dass sie losläuft und mehrere andere Kassenhäuschen abklappert, um uns ja eine deutsche Übersichtskarte präsentieren zu können.    Dass sie nur eine auftreiben kann und keine fünf, ist ihr zudem ausgesprochen unangenehm…. Aber die Karte hält viel Wissenswertes für uns bereit:

 

Der Yellowstone-Nationalpark wurde am 1. März 1872 gegründet und ist damit der älteste Nationalpark der Welt. Der Name des Parks ist vom Yellowstone River übernommen, dem wichtigsten Fluss im Park. Der Park ist vor allem für seine geothermalen Quellen, wie Geysire und Schlammtöpfe, sowie für seine Wildtiere wie Bisons, Grizzlybären und Wölfe bekannt. Er ist das Herz des größeren Yellowstone- Ökosystems. 1978 erklärte ihn die UNESCO zum Weltnaturerbe.

 

Der Park liegt mit 96 % der Fläche beinahe vollständig in Wyoming, drei Prozent liegen in Montana, ein Prozent in Idaho. Mit 8987 km² Fläche gehört er zu den größten Nationalparks der USA. Die Fläche des Nationalparks entspricht in etwa der Größe Korsikas. Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt 102 Kilometer, die Ost-West-Ausdehnung 87 Kilometer. Der Yellowstone-Nationalpark ist Teil der Rocky Mountains und liegt durchschnittlich etwa 2.440 Meter über dem Meeresspiel. Eagel Peak, der höchste Punkt des Parks, liegt auf 3.462 Metern, der tiefste Punkt, beim nördlichen Eingang, auf 1.620 Metern Höhe.

 

Der Nationalpark liegt zu weiten Teilen in der vor rund 640.000 Jahren entstandenen Caldera des Yellowstone-Vulkans, über der Magmakammer, die in mehr als acht Kilometern Tiefe liegt. Die Magmakammer ist rund 60 km lang, 40 km breit und 10 km mächtig. Damit zählt der Yellowstone-Vulkan zur Gruppe der Supervulkane. Er ist der größte Supervulkan auf dem amerikanischen Kontinent.

 

Der Park ist berühmt für seine vulkanogene Landschaft mit Geysiren, Schlammtöpfen und heißen Quellen. 62 Prozent sämtlicher weltweit existierenden heißen Quellen liegen im Yellowstone-Gebiet, dies sind etwa 10.000. Von den über 300 Geysiren im Nationalpark erfreut sich besonders der Geysir Old Faithful im oberen Geysir-Becken bei Touristen großer Beliebtheit, spuckt er nämlich in ungewohnter Regelmäßigkeit sein Wasser in Abständen von momentan zwischen etwa 60 bis 90 Minuten aus. Mit dem Steamboat-Geysir beheimatet der Park auch den größten aktiven Geysir der Welt, der sich im Norris-Geysir-Becken befindet.

 

Ursache für die vulkanogenen Aktivitäten ist die Magmakammer des Vulkans, die das von Bergen herabfließende und im porösen Lavagestein versickernde Wasser erwärmt. In heißen Quellen, Geysiren oder blubbernden Schlammlöchern, tritt das versickerte Wasser wieder an die Erdoberfläche.

 

Kleinere Vulkanausbrüche in einem Zeitraum von 630.000 bis 70.000 Jahren vor unserer Zeit füllten die Caldera beinahe vollständig mit Lavagestein. So liegt der Park heute auf einem Hochplateau auf rund 2.400 m Höhe und ist beinahe rundherum begrenzt durch Bergketten der mittleren Rocky Mountains, deren Spitzen zwischen 3.000 und 4.300 m hoch sind. Im Nordwesten liegt die Gallatin Range, im Norden die Beartooth Mountains, im Osten die Absorka Range, im Südosten die Wind River Range, im Süden die Teton Range und im Westen die Madison Range. Der bekannteste Berg auf dem Hochplateau selbst ist der Mount Washburn mit einer Höhe von 3.122 Metern. Teil des Yellowstone-Plateaus ist der Yellowstone Lake, der größte Bergsee in Nordamerika.

 

Der Nationalpark lässt sich in fünf Zonen (Countries) einteilen. Das Mammoth Country liegt im Nordwesten des Parks und ist vor allem von den thermalen Quellen und den Kalkterrassen bei Mammoth Hot Springs geprägt. Hier können oft Wapiti-Herden beobachtet werden. Das Roosevelt Country im Nordosten ist von Touristen am wenigsten besucht. In dieser hügeligen Landschaft finden sich viele Wildtiere wie Hirsche und Bisons. Der Westen des Parks, das Canyon Country, wird durch den bis zu fast 400 Metern tiefen „Grand Canyon of the Yellowstone“ mit seinen Wasserfällen und durch das Hayden Valley mit seinen großen Bisonherden bestimmt. Das Lake Country im Südosten mit verschiedenen Seen wie dem Yellowstone Lake oder dem Heart Lake bietet Tieren wie Fischen, Greifvögeln, Elchen und Bären eine Heimat. Der Südwesten ist das Gebiet mit den meisten Geysiren und heißen Quellen des Parks, darunter der Old Faithful und der Steamboat-Geysir. Es wird entsprechend Geysir Country genannt.

 

Nadelwald überzieht rund 80 % der Parkfläche, der Rest teilt sich in Wiese (15%) und Wasser (5%). Der Nadelwald herrscht besonders innerhalb der Caldera vor. Er besteht zu rund drei Vierteln aus langnadligen Küsten-Kiefern, daneben sind verschiedene Fichten- und Espenarten im Park verbreitet, in Gebieten mit vulkanischer Erde besonders die Engelmann-Fichte. In höheren Lagen machen weißstämmige Kiefern einen bedeutenden Anteil der Wälder aus, in tieferen Lagen Douglasien. Nicht bewaldete Gebiete sind vielerorts – besonders im nördlichen Bereich des Parks – eine Wüsten-Beifuß-Steppe. Insgesamt finden sich 186 bekannte Flechten und etwa 2.000 Pflanzenarten im Park, darunter 12 Baum- und über 60 Wildblumenarten, wovon 12 Orchideenarten sind. Einige dieser Pflanzen gibt es ausschließlich im Nationalpark. Die heißen Quellen beeinflussen die Vegetation des Parks. Für die meisten Pflanzen ist eine direkte Berührung mit dem silikathaltigen, warmen Wasser zerstörend. Andere wiederum verändern dadurch ihren Wachstumsrhythmus.

 

Der Park ist Rückzugsgebiet für selten gewordene Tierarten, z.B. Bisons und Gabelböcke. In den tiefer gelegenen Gebieten des Parks sind Maultierhirsche, Pumas und Luchse heimisch, in den höheren Lagen Dickhornschafe und Schneeziegen. Wapitis finden sich vor allem in der Region um Mammoth Hot Springs. Weitere Säugetiere des Parks sind Elche, Schwarzbären, mindestens acht Fledermaus-Arten und im Hinterland Grizzlybären, Wölfe und Kojoten, aber auch Streifenhörnchen, Grauhörnchen, Silberdachse, Biber, Murmeltiere, Baumstachler, Bisamratten sowie gegen 40 weitere Arten. Es gibt 18 Fischarten und 318 offiziell registrierte Vogelarten. Das kühle und trockene Klima limitiert die Reptilien im Park auf sechs und die Amphibien auf vier Arten.

 

In den heißen Quellen des Parks leben verschiedene thermophile Bakterien und Algen. Nur sehr wenige davon sind wissenschaftlich erforscht. Zu den wichtigsten erforschten thermophilen Bakterien, die im Yellowstone-Nationalpark entdeckt wurden, gehören Thermus aquaticus und verschiedene Cyanobakterien. 2009 wurde bei eukaryotischen Algen der Gattung Cyanidioschyzon des Parks entdeckt, dass sie hohe Arsenkonzentrationen tolerieren und das Arsen in komplexe organische Verbindungen binden. Das Arsen ist in dieser Form für andere Organismen deutlich weniger verfügbar und entfaltet seine giftige Wirkung nicht mehr. Diese Algen existieren in Gewässern des Yellowstone-Nationalparks, die sich aus Geysiren und anderen Thermalquellen vulkanischen Ursprungs speisen. An einer Nutzung zur Abreicherung in Trinkwasser wird gearbeitet.

 

1988 gab es zuletzt einen großen Waldbrand, der beinahe 4000 km² des Parks erfasste: 2300 km² Wald verbrannten ganz, auf 1450 km² lediglich das Unterholz. Außerdem verbrannten auf 250 km² das Gras und gelegentlich Büsche. Früher hat man jede Art von Waldbrand sofort bekämpft, seit 1988 hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Waldbrände im Park etwas völlig Normales darstellen. Waldbrände werden nicht mehr bekämpft, sondern nur beobachtet, um ein unkontrolliertes Ausbreiten zu verhindern. Teilweise werden die Waldbrände absichtlich entfacht, damit es nicht zu solch katastrophalen Bränden wie jenem von 1988 kommt. Die Auswirkungen dieses Brandes sind noch nach über 20 Jahren an vielen Stellen zu sehen. Außerdem nimmt seit mehreren Jahren das Waldsterben in den gesamten Rocky Mountains und somit auch im Nationalpark erschreckende Ausmaße an. Ursache dafür ist eine massenhafte Vermehrung von Schädlingen, die vom milderen Klima profitieren. Insbesondere Nadelbäume sind betroffen, die vom Bergkiefernkäfer befallen werden. Dieser tötet zwar die Bäume nicht, schleppt aber einen Pilz ein, der den Wassertransport nach oben unterbindet, so dass die Bäume vertrocknen. Der Unterschied, welche Katastrophe für das Sterben verantwortlich ist, ist bestens zu erkennen: Das Feuer hat die Äste zu Staub verbrannt, nur die Stämme stehen noch. Beim Käfer-Tod sind die Äste noch am Baum, lediglich die Nadeln fehlen.

 

Die abgestorbenen Bäume überall rechts und links der Straße wirken mancherorts fast gespenstisch, zumal ein starker Wind die toten Bäume noch weit hin und her wiegt. Die Dame am Kassenhäuschen ist aber immer noch nicht ganz vergessen und führt weiterhin zu ausgelassener Stimmung im Wagen, als in einer lang gezogenen Linkskurve urplötzlich ein dünner, aber sehr hoher Baumstamm von einer Böschung zu unserer Linken auf die Straße knallt. Er verfehlt dabei einen uns entgegenkommenden Wagen um nur wenige Zentimeter. Wow! Mir sitzt der Schreck tief in den Knochen – den anderen fährt hörbar die Luft aus den Lungen. Fürs erste ist die gute Stimmung vorbei.

 

Wir halten den Wald um uns herum fest im Blick, doch alle Bäume bleiben, wo sie sind. Wir halten einmal an einer Haltebucht, um den Yellowstone Lake von oben zu fotografieren: nice view, very nice view! Als wir in das tiefergelegene Gebiet am Lake kommen, haben wir die Bäume zwar vorerst hinter uns gelassen, der Wind bleibt uns jedoch erhalten – scheint fast über der freien Fläche des Sees eher noch Fahrt aufzunehmen. Das Ufer des Sees besteht aus vielen kleinen und mittleren Steinen, über und über mit Strandgut versehen. Das sieht so interessant aus, das müssen doch gute Bilder werden?! Wir steigen aus, und Gabriele gibt den ein oder anderen privaten Kurs in Sachen Motiv- und Perspektivsuche und -findung. 

   

 

Als wir alle gut durchgefroren sind, fahren wir weiter. Irgendwo an dieser Stelle müssen wir einen falschen Abzweig genommen haben, bemerken es erst aber nicht. Grundsätzlich ist es nicht ganz so einfach, einen falschen Abzweig im Park zu nehmen, denn durch den Park führen nur wenige Straßen – eigentlich nur eine, die Grand Loop Road (die große Ringstraße) und deren Abzweige zu den jeweiligen Ausgängen, aber da alle Wege sehr lang und Hinweisschilder rar sind, kann man schon mal die Übersicht verlieren. Außerdem ruhen unsere Augen mehr auf der Natur als auf den wenigen Straßenschildern. Kurz nachdem wir den See hinter uns gelassen und ein kleines Waldstück durchfahren haben, ist wieder einmal der Moment des großen Staunens gekommen: ohne Vorankündigung erstreckt sich plötzlich hinter dem Waldrand ein riesiges grünes fruchtbares Tal, malerisch durchzogen von einem schmalen Flüsschen. Hier bleib ich! 

  Dieser Anblick ist der gleiche, den die Einwanderer in den Westernfilmen ständig haben, wenn sie plötzlich vor einem Gesteinsabriss stehen. Ich kann die Planwagen um mich herum förmlich fühlen. Aber ich darf nicht bleiben –ich werde zum Weiterfahren gezwungen (auch wenn die vorgehaltene Waffe fehlt). Bald sichten wir den ersten einsamen Büffel auf einer Wiese unweit der Straße.    Begeistert sein, anhalten, fotografieren, weiterfahren – die Zeit vergeht. Wir kommen an Mammoth Hot Springs vorbei, dessen Kalkterrassen mit der Sonne in seinem Rücken geheimnisvoll schimmern.     Foto. Oder zwei oder drei… Keine 100 Meter weiter irgendein Rehwild (vielleicht aber auch Wapiti-Kühe – ich weiß es nicht) auf einem Parkplatz.    Die müssen auf die Speicherkarten! Kurze Zeit später Sichtung der ersten größeren Herde, ruhend am Fluss: Anhalten, aussteigen und sich nähern – sehr vorsichtig, versteht sich! Und nicht zu nah ran. Es dämmert. Wir fahren weiter, immer noch fröhlich und begeistert ob der Tiersichtung. Einige Meilen weiter eine Büffelherde auf der anderen Flussseite – das Licht schwindet fast zusehends.   

 

Das Schild an der Straßenkreuzung lässt Gabriele stutzig werden. „Wo ist die Karte? Fahr mal rechts ran!“ sagt sie und stellt wenige Minuten später den Irrtum fest: wir haben uns verfahren! Ich wende und fahre die knapp 35 Meilen zurück, die nicht in die richtige Richtung gegangen waren. Aber ich bin nicht böse, denn ohne dieses Verfahren hätten wir all die tollen Bilder nicht gehabt! Hätten das schöne Licht nicht genutzt und hätten vermutlich in irgendeinem Hotel gesessen, das wenig Schönes zu bieten gehabt hätte. Und schlafen kann ich schließlich noch genug, wenn ich tot bin. Wir passieren abermals Mammoth Hot Springs und halten an der Tankstelle, um uns mit Essbarem zu versorgen – also sagen wir mit dem, was in der Kühltheke essbar aussieht…. Die Sandwiches sind zum Teil noch gefroren und auch sonst keine kulinarische Erleuchtung. Wir folgen weiter der West-Entrance-Road bis West Yellowstone. Wir sind alle müde und scheinen Tomaten auf den Augen zu haben, denn es dauert eine Weile bis wir die Yellowstone Lodge, unser heutiges Hotel, finden. Dann noch eine kleinere Diskussion, denn dem Hotelier liegt keine Buchung für uns vor… Gabriele kann das aber erfolgreich klären, und so liegen wir um 23:30 Uhr endlich in unseren Betten. Der Rechner darf sich alleine mit meiner Speicherkarte beschäftigen – wird er schon schaffen, ist ja ein guter, der Silberling. Wieder zieht ein übervoller Tag an meinem inneren Auge vorbei, diesmal mit einer Erkenntnis fürs Leben: Auch ein wilder Mustang kann nicht den ganzen Tag lang machen, was er will!

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